TVB Wilder Kaiser
Des Kaisers neue Kleider
Branding

Das grafische Erscheinungsbild einer Region, in der man selbst lebt, zu gestalten, ist eine besondere Aufgabe. Schließlich begegnet einem das, was da gestaltet wurde, täglich. Am Ende ist man um wichtige Erfahrungen zum Leben in einer Tourismusregion reicher.

Das grafische Erscheinungsbild einer Region, in der man selbst lebt, zu gestalten, ist eine besondere Aufgabe. Schließlich begegnet einem das, was da gestaltet wurde, täglich. Am Ende ist man um wichtige Erfahrungen zum Leben in einer Tourismusregion reicher (und freut sich still, dass aus einem fast beiläufig entworfenen Zeichen am Ende doch ein »richtiges« Logo wurde, das sich bei Einheimischen und Gästen großer Beliebtheit erfreut).

Der Tourismusverband Wilder Kaiser hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2006 ein Ziel gesetzt: Er will das »stärkste Bergerlebnis der Alpen« bieten. Unterhaltung, Faszination und Traditionen sollen die Gäste in ihren Bann ziehen. Langfristiges strategischen Ziel war die Positionierung vom »unteren Mittelfeld« in Richtung »gehobener, mittlerer Marktschichten«.

Solche strategischen Leitbilder sind zunächst eher leere Worthülsen und bedürfen der konkreten Umsetzung im Alltag. Tausend Dinge sind notwendig, damit sich in einer Tourismusregion alle wenigstens halbwegs in eine Richtung orientieren (was nicht einfach ist, denn ähnlich wie im Fußball, sitzen hier lauter Teamchefs rund um das Spielfeld, von denen jeder natürlich selbst genau und am besten weiß, was zu tun wäre).

Ein visuelles Erscheinungsbild kann hier ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl stiften – und zwar in die Region hinein ebenso wie auch nach »oben« in den überregionalen Raum. Und so wurde hier der Versuch unternommen, grundlegende grafische Elemente mit anderen Partnern abzustimmen mit dem Ziel, ein möglichst harmonisches Ganzes zu erreichen: So wurde beispielsweise im Bereich der Typografie die Hauschrift der Tirol Werbung – die Crimson, eine Neuinterpretation der klassischen Garamond von Sebastian Kosch – übernommen, ebenso wurden manche Farben auf jene wichtiger Partner (Rot der Tirol Werbung, Blau der Nachbarregion Kitzbüheler Alpen) abgestimmt. – Ein »Prinzip der guten Nachbarschaft« also, was im Land Tirol, wo das Kirchturmdenken wie kaum woanders zur höchsten kulturellen Entwicklungsstufe gebracht wurde, durchaus selten ist.

Der visuellen Kommunikation des Tourismusverbands Wilder Kaiser als regionaler touristischer Dachorganisation kommt aber auch nach innen eine Vorreiterrolle zu. Nicht alles, was grafisch heute durch technische Hilfsmittel möglich ist, ist auch sinnvoll. Als Reaktion auf die unübersehbare Vielfalt an werblichen und anderen Reizen geht es heute im Bereich der touristischen Kommunikation mehr als je zuvor auch um eine »visuelle Kultur der Klarheit und Schönheit« (Wolfgang Scheppe im Vorwort zum Corporate Design für die Tirol Werbung aus dem Jahr 2011). Sie muss grafische Komplexität reduzieren, den inflationieren Bildgebrauch disziplinieren und im Umgang mit Texten eine Sensibilität für einen Austausch zwischen regionalem und hochsprachlichem Sprachgebrauch entwickeln.

Unsere Arbeit begann »klassisch« mit der Überarbeitung der grafischen Grundlagen: Typografie, Logografie, Farben, Stilelemente. Vor allem das neue Zeichen – eine stilisierte Krone, die auch als »W« und Bergsilhouette gelesen werden kann – sorgte anfangs für Diskussionen: Mit Einführung des neuen Corporate Designs im Jahr 2013 entschied der Vorstand, dieses Zeichen vorderhand nur sehr begrenzt – etwa auf Accessoires wie Kaffeetassen oder Wasserkaraffen – einzusetzen, das einzig offizielle Logo blieb der Schriftzug »Wilder Kaiser« (der auch einer Neugestaltung unterzogen wurde). – Unverhofft kommt aber doch manchmal: Die »Krone« erfreute sich selbst auf diesen »kleinen« Anwendungen so großer Beliebtheit (bei Einheimischen und bei Gästen), dass sie seit 2018 auch als »offizielles« Logo in Erscheinung tritt. Auch gut. (Wir waren ja von Anfang sicher, dass dieses Zeichen eines der raren, eher gelungenen neuen Tourismuslogos im Land ist 😉 )

Aber nicht nur die grafischen Grundlagen des Corporate Design wurden für den Tourismusverband Wilder Kaiser entwickelt: Jedes auch noch so kleine Detail der zahlreichen Broschüren und Informationsmaterialien wurde im Verlauf eines umfangreichen Prozesses liebevoll durchgestaltet. Inhalte wurden sortiert und grafisch wie typografisch so umgesetzt, sodass es möglichst für alle übersichtlich und gut lesbar ist – heute gilt diese Art des Informationsdesigns branchenintern als Vorbild. – Und zu guter Letzt galt es auch, den vier Orten der Region – Ellmau, Going, Söll, Scheffau – eine gewisse Eigenständigkeit und Sichtbarkeit zu geben. (Ein visuelles Erscheinungsbild ist ja immer auch der Versuch der Quadratur des Kreises.)

Auch in Bezug auf die Bildsprache wurden Richtlinien entwickelt: Sie sollte natürlich und ungekünstelt sein und Landschaft als Landschaft, Menschen als Menschen in ihrem normalen lebensweltlichen Umfeld zeigen. Also keine Werbefotografie im simplen Sinne, sondern eine Form der Bildgestaltung, die sich an hochwertigen Reportagefotografien orientiert. Grundsätzlich müssen die Bilder die freundschaftliche Atmospähre sowie die sinnlichen Qualitäten der Gebirgs­landschaft im jahreszeitlichen Lauf zum Ausdruck bringen. – Vermieden werden sollte (was schwierig genug ist heutzutage): billig wirkende „Esoterik“, gestellt wirkende Aufnahmen (insbesondere mit Menschen), keine offensichtliche „Model­fotografie“, ruraler „Lifestyle“ und volkstümelnder Kitsch. – Vieles davon wurde unter der Federführung von Peter von Felbert im Verlauf einer jahrelangen fotografischen Arbeit ganz wunderbar umgesetzt, wie die Beispiele belegen.

Diese grafischen Maßnahmen haben mit dazu beigetragen, dass die Ferienregion Wilder Kaiser sich in den zurückliegenden Jahren zu einer der beliebtesten Ferienregionen Österreichs entwickelte. Natürlich hat auch der »Bergdoktor«, eine überaus erfolgreiche Fernsehserie, die am Wilden Kaiser spielt (in der Hauptrolle: Hans Sigl, für den wir übrigens auch schon einige nette Dinge gestaltet haben), entscheidend mitgeholfen. – Mit vielen positiven Folgen: Das touristische Angebot – egal ob Hotels, Restaurants oder Freizeit – kann sich mit den besten Destinationen messen. – Aber auch mit negativen Folgen: Aus einem touristischen Erfolgsmodell wird nur allzu schnell ein Massentourismus, der genau das zertrampelt, was ihm einst zum Erfolg verhalf. – Die Folgen: verschandelte Dorfbilder durch leider viel zu viele architektonisch kapital misslungene und unproportionale Neubauten; der enorme Zuwachs des Verkehrs; ein besinnungsloser Immobilienboom durch giergetriebene heimische wie anderswoher kommende Spekulanten; und immer noch ein Begriff von Kultur, der Traditionen nur allzu häufig zur eher touristischen Folklore verkümmern lässt und der nicht weiß, wie man Vergangenes in der Gegenwart selbstbewusst und intelligent neu interpretiert und weiterentwickelt. – Und so legen sich, weil kritische Stimmen leider zu wenig gehört, mithin als lästige »Störenfriede abgetan werden, in Tirol über fast jedes touristische »Erfolgsmodell« am Ende auch Schatten.

Die Region hat alle Möglichkeiten, das zu korrigieren: Wenn sie die Notwendigkeit anerkennt, der touristischen Entwicklung soziale und ökologische Grenzen zu setzen und den Rückbau zu einer kleinteiligeren und ästhetisch sensibleren Lebensraum- (und damit auch Ferien-)gestaltung als ihre strategische Kernaufgabe begreift. – Erste Schritte dazu sind getan und wir hoffen das Beste, damit wir uns auch in Zukunft ohne großes »Aber« über unseren bescheidenen grafischen Beitrag zu einer erfolgreichen und schönen Region freuen können.

Kunde

Tourismusverband Wilder Kaiser

Art Direction

Kurt Höretzeder

Fotografie

Peter von Felbert

Wie stellt man die Vielfalt
einer Region am Besten
dar? Natürlich mit Farben.
Deswegen bekam die
Ferienregion Wilder Kaiser
eine bunte Palette und
jedes Dorf seine eigene
Farbe.

Projektbeschreibung
Basis Claims

Für die Typografie wurde auf die Crimson und die Neutraface zurück-
gegriffen. Die Crimson findet auch im Erscheinungsbild der Tirol Werbung Anwendung und stellt somit eine Verbindung dazu her.

Projektbeschreibung

Das Icon war zu Beginn des Projekts nur als kleiner, symbolischer Zusatz gedacht der, in kleinen Dosierungen, eingesetzt werden soll. Die letzten Jahre jedoch wurde es durch die große Beliebtheit zum fixen Bestandteil des CDs und ist nun in zahlreicher Ausführung anzutreffen.

Projektbeschreibung
Fotografie: Felbert Reiter

Es wurden zahlreiche Drucksorten gestaltet – von der Geschäfts-
ausstattung über Sommer- und Winterprogramme bis hin zu Wanderkarten war vieles dabei.

Projektbeschreibung

Mit dem Corporate Design Handbuch als Hilfe wird garantiert, dass überall nach den gleichen Grundlagen gearbeitet wird.

Projektbeschreibung
Fotografie: Peter von Felbert

Die Fotografie nimmt einen wichtigen Teil bei diesem Projekt ein – es war uns wichtig, von den typischen und oft gestellten Szenen weg zu gehen und zu einer natürlichen Ästhetik zu finden, die verschiedene Szenen aus dem Alltag und der Ferienregion zeigen.

Projektbeschreibung
Fotografie: Peter von Felbert